Bezirk: Lienz Bezirk: Innsbruck-Land Bezirk: Schwaz Bezirk: Imst Bezirk: Landeck Bezirk: Reutte Bezirk: Kitzbühel Bezirk: Kufstein Bezirk: Innsbruck

Spätbarocke Gewölbemalereien in der Pfarrkirche in Ranggen (1778)

Die Pfarrkirche Ranggen ist ein bemerkenswerter Kirchenbau. Außen sind Spuren von Vorgängerbauten aus der Gotik zu finden, z.B. am Kirchturm mit seinen spitzbogigen Zwillingsfenstern (1528). Bei näherer Betrachtung erkennt man aber, dass dieser Sakralbau am Übergang zwischen Barock und Klassizismus von 1775 bis 1778 entstand. Das gesamte Gebäude wurde mit einer den Baukörper gliedernden Fassadenmalerei ausgestattet, die ganz im Sinne der Gedankenwelt des Klassizismus sein architektonisches Erscheinungsbild „ordnen“, d.h. äußerlich strukturieren soll.

Innen präsentiert sich das Gotteshaus als relativ geschlossenes, spätbarockes Gesamtkunstwerk, dessen Gewölbefresken besonders hervorzuheben sind. Sie entstanden nach der Fertigstellung des Kirchenneubaus und stammen von einem der Außerferner Hauptmeister der Barockmalerei, Franz Anton Zeiller (1716-1794). Im Zentrum der Abbildungen steht die Himmelfahrt des hl. Magnus (Gründer und erster Abt von St. Mang in Füssen), der zugleich Patron der Kirche ist. Dieses Deckengemälde befindet sich im Chor über dem Hauptaltar und zeigt den Heiligen, wie er von einer Wolke über der Pfarrkirche Ranggen in den Himmel getragen wird.

Die Lebensgeschichte von Franz Anton Zeiller ist deshalb so interessant, weil sich an ihr veranschaulichen lässt, wie „mobil“ die Künstler vergangener Epochen waren: Zeiller kam schon als Kind in die Familie seines Großonkels Paul Zeiller (1658-1738), der ebenfalls ein bekannter Barockmaler in Reutte war. Dort erkannte man sein Zeichentalent und unterrichtete ihn. Neben Paul Zeiller war es vor allem dessen Schwiegersohn Balthasar Riepp (1703-1764), der den jungen Franz Anton ausbildete. Nach dem Tod Paul Zeillers ging Franz Anton auf Wanderschaft. Sein Weg führte ihn zuerst nach Augsburg, wo er bis 1742 Geselle eines dortigen Künstlers wurde. Dann verschlug es ihn nach Italien: Zuerst arbeitete er für zwei Jahre in Rom, später übersiedelte er über Bologna nach Venedig, wo er vor allem die Malerei Tiepolos (1696-1770) studierte. Nach seiner Rückkehr 1749 war er zuerst in Birnau und Füssen (Allgäu) tätig. Bereits dort führte er 1751 bis 1752 die Deckengemälde einer Magnuskapelle aus. Seine ersten großen Werke waren aber die Fresken und Altarbilder für die Pfarrkirche Stams (1755) und die gemeinsam mit Johann Jakob Zeiller (1708-1783, Sohn des Paul Zeiller) geschaffenen Wandmalereien in Ottobeuren (1757-1760). 1764 erhält Zeiller eine Berufung als bischöflicher Hofmaler nach Brixen (Südtirol, Italien), wo er mehrere Werke umsetzte und bis 1774 noch weitere Kirchen in Südtirol und im Trentino ausmalte. Ab 1775 wird er in Innsbruck ansässig (Höttingergasse), da er seinen nächsten Wirkungsstätten – u.a. in Zell am Ziller, Ranggen, Weer und Matrei in Osttirol – näher sein wollte. Seinen Lebensabend verbrachte er aber zunehmend erblindend in Reutte.

1778 widmete sich Franz Anton Zeiller den Deckenfresken in der Pfarrkirche Ranggen, wo er im Wesentlichen drei Motive mit den dazupassenden Zwickelbildern umsetzte: Im Chorraum die „Himmelfahrt des hl. Magnus“ bzw. Szenen aus dem Leben Jesu, in der Hauptkuppel den „Tempelgang Mariens“, umgeben von „Marienszenen“, und im Westjoch die „Vierzehn Nothelfer“ (= Gruppe von 14 Heiligen, die als Schutzpatrone angerufen werden) und die „Vier Kirchenväter“ (= die Kirchenlehrer Papst Gregor der Große, die Bischöfe Augustinus und Ambrosius sowie der hl. Hieronymus). Die Besonderheit dieser Darstellungen liegt darin, dass es Josef Anton Zeiller trotz seiner ausgedehnten Arbeitsaufenthalte in Süddeutschland und Italien und aller Beeinflussung durch die dortigen Barockmaler gelang, einen eigenständigen Stil zu entwickeln.

Zwar orientierte er sich in Bezug auf den Bildaufbau der Ranggener Scheinkuppeln am gängigsten Vorbild seiner Zeit: den unübertroffenen Scheinarchitekturen von Andrea Pozzo (Trient 1642-1709 Wien), die dieser mit äußerster Beherrschung der perspektivischen Malerei gestaltete und die Zeiller in Rom kennen gelernt hatte. Dennoch führte er seine Fresken dadurch zu großer künstlerischer Vollendung, indem er sich hinsichtlich der farblichen Gestaltung nie von süddeutschen Einflüssen befreite. Beim „Tempelgang Mariens“ tragen rötliche Säulen ganze Kuppeln und öffnen den Blick in scheinbar weit zurückliegende Räume. Treppen dienen der Steigerung des dreidimensionalen Aufbaues der Perspektive. Alles zusammen bildet eine „Bühne“ für das biblische Geschehen. In diesem Zusammenhang bilden auch die bizarren, aus Wolken geformten Scheinarchitekturen der beiden anderen Sujets keinen Bruch. Darüber hinaus spricht es für den Maler Franz Anton Zeiller, dass seine Malerei streckenweise volkstümlich und auf ihre Art „unitalienisch“ ist. Beispielsweise befindet sich über dem Hochaltar eine wirklichkeitsgetreue Abbildung der Pfarrkirche Ranggen und ihrer ländlichen Umgebung anno 1778.