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Pfostenspeicher im Ötztal – sichere Aufbewahrung der Vorräte (ab 1549)

Speicherbauten kommt im Gebäudeverband eines Bauernhofes besondere Bedeutung zu, denn darin wurden nicht nur die lebensnotwendigen Vorräte aufbewahrt, sondern auch andere wertvolle Habe des Hofes. Wegen der Feuergefahr wurden Speicher stets etwas abseits von den übrigen Gebäuden errichtet.

Je nach Vorhandensein von natürlichem Baumaterial haben sich – regional unterschiedlich – gemauerte oder hölzerne Speicherbauten entwickelt. Eine Sonderform stellen die so genannten Pfostenspeicher dar, die im Alpenraum mit großem Verbreitungsgebiet vor allem in den Westalpen (Wallis), aber auch in Kärnten, der Steiermark sowie in Teilen Südtirols bekannt sind. In Nordtirol liegt ein Verbreitungsschwerpunkt im Ötztal.

Bei einer wissenschaftlichen Bestandserhebung in den 1970er Jahren konnten für Nord- und Südtirol 63 Pfostenspeicher dokumentiert werden. Der Tiroler Kunstkataster führt in seinem Kulturgüterinventar insgesamt sieben derartige Speicher im Ötztal (fünf in Längenfeld, zwei in Sölden) auf. Das Baualter der vorhandenen Gebäude setzt in der Mitte des 16. Jahrhunderts (1549/50 dendrodatiert) an und reicht herauf bis in das 18. Jahrhundert (Bauinschriften 1678, 1716).

Das besondere Merkmal eines Pfostenspeichers besteht darin, dass der eigentliche Speicherraum mehr oder weniger hoch über den Erdboden emporragt und von massiven hölzernen oder gemauerten Säulen (Pfosten) getragen wird.

Die Hebung von Speicherbauten über das Erbodenniveau ist eine elementare Bauform und daher in vielen Teilen der Welt üblich. Wo ähnliche Anforderungen wie Schutz der Vorräte vor Bodenfeuchte und Tieren sowie ähnliche natürliche Voraussetzungen wie Klima und natürliche Baustoffe bestehen, kommt es auch zu ähnlichen Lösungen.
 
Die Pfostenspeicher sind ein- bis zweigeschossig gezimmerte reine Blockbauten. Eine eigentümliche Tiroler Ausprägung, die in dieser Form nur im Ötztal und in den angrenzenden Südtiroler Tälern vorkommt, ist die Konstruktion der Holzsäule als Doppelgabelstütze. Dabei ist der obere Teil der Säule in Form einer Doppelgabel ausgeschlitzt. In diese kreuzförmige Ausnehmung werden die unteren Balkenreihen des Blockbaues gesetzt. Dieses Bauelement garantiert eine statisch biegefeste Verbindung zwischen Speicherraum und Stütze.
 
Durch ihre Bauweise bieten Pfostenspeicher Vorteile in mehrfacher Hinsicht: Die Luft kann auch unter dem Speicherboden zirkulieren. Daher ist die Gefahr der Bodenfeuchtigkeit völlig ausgeschaltet und die gelagerten Lebensmittel bleiben trocken und verderben nicht. Außerdem verhindern besondere konstruktive Maßnahmen durch auskragende und überstehende Teile an den Säulen, dass Nagetiere bis in den Speicherraum hochklettern können. Die praktische Nutzung des offenen Untergeschosses als wettergeschützter Abstellplatz für Fahrzeuge und Geräte ist ein zusätzlicher Nebeneffekt.
 
Die Bauern lagerten im Speicherraum ursprünglich ihre wichtigen Lebensmittelvorräte: Getreide in Korntruhen, Mehl, aber auch Selchwaren, die an der Decke aufgehängt wurden. Durch Änderung in der landwirtschaftlichen Produktion verloren die Pfostenspeicher allmählich diese primäre Funktion. Als Abstell- oder Arbeitsraum erfüllen die noch erhaltenen Bauten dennoch weiterhin ihren Zweck.