Bezirk: Lienz Bezirk: Innsbruck-Land Bezirk: Schwaz Bezirk: Imst Bezirk: Landeck Bezirk: Reutte Bezirk: Kitzbühel Bezirk: Kufstein Bezirk: Innsbruck

Zäune im Zillertal – Flurbegrenzungen in der Tiroler Kulturlandschaft (ab 1843)

Zäune zählen zu den ältesten Zeugnissen bäuerlicher Kultur und können sogar durch archäologische Untersuchungen im Alpenraum dokumentiert werden. Mit den Veränderungen hin zur modernen Landwirtschaft hat sich aber auch in Tirol das Aussehen der Kulturlandschaft verändert: Die alten, teilweise seit Jahrhunderten in Gebrauch stehenden Einfriedungsformen mussten zugunsten geänderter Bearbeitungsmethoden weichen. Nur in bestimmten Gegenden stehen die historischen Praktiken der Zaunherstellung noch in Gebrauch, um auf Feldern und Weiden das historisch gewachsene Erscheinungsbild zu erhalten.

Neue, kostengünstige Zaunarten kommen deshalb zum Einsatz, weil die alten Arten der Einfriedung für die Arbeit mit den heute üblichen Landwirtschaftsmaschinen nicht geeignet sind, sich die Feldgrößen aufgrund von Grundzusammenlegungen stark gewandelt haben und auch die Arbeitskräfte fehlen, die die aufwendigen Holzzäune und Steinmauern herstellen könnten. Darüber hinaus existierten schon in der Vergangenheit Zäune, für deren Produktion so große Mengen an wertvollem Holz notwendig waren, dass man ihre weitere Errichtung mit Verordnungen zu verhindern suchte.

In der Geschichte wurden Zäune teilweise von Region zu Region unterschiedlich gestaltet, aus Gründen der Sparsamkeit hat man sie aber lange ohne Eisennägel hergestellt. Dem verschwenderischen Umgang mit Holz trat in Tirol die landesfürstliche Forstverwaltung seit dem Ende des Mittelalters entgegen. Denn besonders hoch war der Bedarf an Holz z.B. bei solchen Zäunen, für die Fichten oder Lärchen gefällt und zur Einfriedung eines Gebiets liegend übereinandergestapelt wurden. So geht aus den unterschiedlichen Verordnungen, die zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert herausgegeben wurden, hervor, dass die Bauern dazu gedrängt wurden, nur Stecken oder Äste zur Errichtung von Zäunen zu verwenden.

Zeitweise ging man sogar so weit, dass man auf Almweiden nur den Bau von Steinwällen genehmigte. In einer anderen Regelung wurde der Holzverbrauch dadurch vermindert, dass in bestimmten Gegenden nur „lebende Zäune“ erlaubt waren. Dabei handelte es sich um Hecken, die nicht nur das optische Aussehen eines Landstriches wesentlich prägten, sondern genauso wie die Steinmauern besonders wertvolle Ökosysteme bildeten. Weil diese Arten der Einfriedung der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten sind, versucht man sie heute zu erhalten. Man kann sogar behaupten, dass sich in Bezug auf die Bewahrung von Hecken, Steinmauern und den verschiedenen Sorten bäuerlicher Zäune Natur- und Denkmalschutz auf besonders schlüssige Weise treffen. Daher dokumentiert der Tiroler Kunstkataster u.a. typische Zaun- und Einfriedungsgattungen auch als Bestandteile der ländlichen Architektur.

Unter den vielen, regional zum Teil höchst unterschiedlichen Zaunformen gehört der Stangenzaun zu den am weitesten verbreiteten. Wie sich an Beispielen aus Fügenberg darstellen lässt, ist er für die Abgrenzung ebener und geneigter Weiden und Felder geeignet, denn er besteht aus senkrecht in den Boden gerammten Streckpaaren, die durch Querhölzer waagerecht miteinander verbunden werden. An den Stellen, wo das Gelände steiler wird, werden die zwischen den Streckhölzern zu befestigenden Querhölzer zuerst gerade, dann immer schräger im Boden verankert.

Verschiedene Zaunformen haben auch Eingang in die Kunst gefunden, wobei es häufig bäuerliche Votivbilder sind, auf denen Zäune abgebildet wurden. Eine in einer Zillertaler Wallfahrtskirche befindliche Votivtafel kann in dieser Hinsicht als „kleine Zaunkunde“ angesehen werden. Auf ihr ist ein Ausschnitt einer typischen Zillertaler Mittelgebirgslandschaft dargestellt. Eingebettet zwischen Häusern, Feldern und Waldstücken sind Hecken zu sehen. Daneben wurden auch Stangenzäune, Schrank- und Plankenzäune wiedergegeben.

Der auch als Schräg- oder Steckenzaun bekannte Schrankzaun war schon im Mittelalter bekannt. Wie in der rechten Bildhälfte festgehalten, besteht er aus schräg in den Boden gerammten und ineinander verschränkten Ästen. Da der Holzverbrauch bei dieser meistens zur Begrenzung von Weiden eingesetzten Zaunform groß war, wurde er nur in waldreichen Gegenden errichtet. Dennoch darf seine Lebensdauer nicht unterschätzt werden. Es wird berichtet, dass v.a. aus Zirbenästen bestehende Schrankzäune bis zu 16 Jahre lang Wind und Wetter standhielten – im Winter wurden diese Zäune übrigens einfach umgelegt.

Bleibt noch der Plankenzaun zu erwähnen, der auf dem Votivbild als Einfriedung eines Hauses rechts neben der Kirche festgehalten wurde. Da es sich beim dargestellten Gebäude um das Widum handeln könnte, erstaunt es nicht, dass eine „exklusivere“ Zaunvariante zum Einsatz kam, die v.a. für Vorgärten und Obstwiesen in Gebrauch war. Die in Abständen gesetzten, oben spitz zulaufend geschnittenen Planken wurden an zwei Querlatten fixiert. Da für die Befestigung aber im Verlauf der Geschichte die zunehmend preiswerter produzierten Metallnägel in Verwendung kamen, löste diese Art der Einfriedung mehr und mehr die historischen Zaunformen ab. Heute nennt man sie Lattenzaun.