Bezirk: Lienz Bezirk: Innsbruck-Land Bezirk: Schwaz Bezirk: Imst Bezirk: Landeck Bezirk: Reutte Bezirk: Kitzbühel Bezirk: Kufstein Bezirk: Innsbruck

Ausleger in Rattenberg – Werbung von anno dazumal (nach 1650)

Wirtshausausleger, aus Schmiedeeisen gefertigt und manchmal vergoldet oder bemalt, sind die traditionellen Werbeschilder von Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben. Heute würde man sie wahrscheinlich mit „Logos“ gleichsetzen, doch sie gehören auch zu den Wahrzeichen der Tiroler Städte und Dörfer. Auch sind sie in Bezug auf ihren historischen Ursprung älter, als man vielleicht annehmen möchte: Schon in römischer Zeit hängte man Sträuße aus Blattwerk an die Wirtshaustür oder stellte symbolisch Amphoren auf. Vor allem das Aushängen eines Straußes als Zeichen der Gastlichkeit hat sich in manchen Regionen in direkter Form bis heute erhalten – nämlich in der herbstlichen Botschaft des „Aussteckens“, die andeutet, dass der neue Wein eingetroffen ist und zur Verkostung bereitsteht.

Seit dem Mittelalter verwendete man in Tirol die aus Schmiedeeisen gestalteten Wirtshausausleger, um die Reisenden auf eine Gaststätte aufmerksam zu machen. Wenn ein Wirt es sich leisten konnte, ließ er kunstvoll gestaltete und handwerklich gekonnt gearbeitete Beschilderungen anfertigen. In Tirol finden sich in vielen Orten qualitätvolle Exemplare, u.a. in den Altstädten Innsbrucks und Rattenbergs.

Auf dem Gebiet der Schmiedeeisen-Kunst sind ausgewiesene Leistungen in Tirol erst am Ende des 15. Jahrhunderts greifbar. Das hängt damit zusammen, dass durch den wirtschaftlichen Aufschwung infolge des Bergbaus die Bautätigkeit stark zugenommen hatte und damit auch das Zuliefergewerbe prosperierte. Zeitgleich dazu war der Bedarf an hochwertigen Waffen gestiegen, was ebenfalls zur technischen und künstlerischen Entwicklung der Schmiede und Schlosser beitrug. Eine weitere Neuerung trat Mitte des 16. Jahrhunderts mit der Verwendung von Rundeisenstäben in Erscheinung. Die in Hammer- und Walzwerken vorgefertigten Stäbe erlaubten die Ausformung vieler neuer stilistischer Elemente, z.B. eingerollter Spiralen, Spindeln und Blumen. Plötzlich zeigt sich in der Schmiedeeisen-Erzeugung eine Vorliebe für zarte Dekorationen, wobei viele der neuen Vorlagen für Muster auf so bekannte Renaissancekünstler wie Albrecht Dürer zurückgehen.

Die ältesten erhalten gebliebenen Wirtshausausleger in Tirol stammen aus der Zeit nach 1650. An ihnen lässt sich gut demonstrieren, dass die Schmiede technische Neuerungen schnell aufnahmen, aber in Bezug auf die Übernahme der neuesten Modeströmungen eher verhalten reagierten. So setzt sich der überwiegende Teil der als Wegweiser und Orientierungshilfen in Verwendung stehenden Ausleger zugleich aus Stilelementen der Renaissance und des Frühbarock zusammen. Der Ausleger am ehemaligen „Krämerbräu“ in Rattenberg verfügt über eine zierlich geformte Spindelblume am Ende des Tragarmes und somit über ein Detail, das in der Renaissance aufgekommen war.

Im Gegensatz dazu ist die flächige Füllung im Feld zwischen Kragarm und Abstrebung mit Knorpelwerk und durchflochtenen Rundeisenspiralen ein eindeutig frühbarockes Element. In die Mitte zwischen Knorpelwerk und Spindelblume wurde die Blechschnittfigur eines hl. Georgs eingefügt. In einem Anhänger befinden sich eine Gerstenähre und typische Werkzeuge für einen Brauereibetrieb. Alle Symbole werden von einem roten Herz zusammengehalten – wohl ein Hinweis darauf, dass hier einst „Braumeister mit Herz“ tätig waren. Ein weiterer Ausleger mit frühbarocken Formen ist weiter östlich an der Fassade des Gasthofes „Platzbräu“ erhalten.