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Gasthof Goldener Engl in Hall in Tirol – Poschstube mit Wandgetäfel  (um 1920)

In Hall in Tirol kommt Fragen des Denkmalschutzes eine größere Rolle zu als in manch anderen Orten Tirols. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Gemeinde mit der größten mittelalterlichen Altstadt Nordtirols seit 1991 als Ensemble unter Schutz steht. In Zusammenhang mit dem Ensembleschutz sollen nicht nur die alten Gassen und Plätze mit ihren geschichtsträchtigen Häusern und Kirchen bewahrt und konserviert werden, sondern es geht auch darum, das Zentrum von Hall als einen Ort lebendigen kulturellen und gesellschaftlichen Austausches zu erhalten.

Von alters her zählen in Tirol die Gaststätten zu den „Räumen“, die für den Zusammenhalt eines lokalen Gemeinwesens von Bedeutung sind. Daher war es den Denkmalschützern und der Stadtregierung ein besonderes Anliegen, den zwischen Altstadt und Burg Hasegg liegenden Gasthof Goldener Engl als Gebäude zu sanieren und den seit 1973 geschlossenen Gastronomiebetrieb wieder zu eröffnen. 2006 wurde mit dem Einbau eines wertvollen Stuben-Getäfels des Thaurer Bildschnitzers Romed Speckbacher (1889-1972) ein abschließender Höhepunkt in Bezug auf die Revitalisierung des Wirtshauses gesetzt.

Aus baulicher Sicht gehen die Ursprünge des Gasthofes Goldener Engl in Hall in Tirol ca. auf das Jahr 1300 zurück. Damals wurde die südliche Stadtmauer errichtet und an diese Häuser angebaut. Nach einem großen Stadtbrand 1447 erfolgte ein umfangreicher Ausbau des Gebäudes, von dem noch heute die gotischen Gewölbe im Untergeschoss zeugen. Die nächste Bauphase erfolgte im Barock. Damals entstanden neben einer mit Stuckornamenten verzierten Halle auch zwei Stuben, in die Täfelungen und Kassettendecken eingebaut wurden. 1831 erhielt die zum Unteren Stadtplatz gerichtete Fassade ihr heutiges Aussehen. Nach der Schließung des Wirtshauses 1973 begann eine jahrzehntelange Suche nach Mitteln und Möglichkeiten, Gebäude und Betrieb seiner einstigen Bestimmung wieder zuzuführen.

Die Instandsetzungsarbeiten am Gasthof Engl gelangen Dank des finanziellen Einsatzes der Messerschmitt-Stiftung München und begannen mit einer aufwändigen Sanierung des Gebäudes, dem Einbau eines neuen Stiegenhauses und der Restaurierung der Fassaden. Während an der rückseitigen Front die barocken Veränderungen das Restaurierungskonzept bestimmten, blieben an der Südseite die im Historismus gemachten Veränderungen maßgebend. In den Innenräumen wurden die barocken Kassettendecken und die aus verschiedenen Stilepochen stammenden Wandmalereien restauriert. Letztere sind aufgrund ihrer künstlerischen Qualität und der dargestellten Bildinhalte für die Stadt Hall von Bedeutung, da sie u.a. Szenen einer Stadtbelagerung zeigen. Die neu gestalteten Bereiche im Stiegenhaus und in der Galerie sprechen hingegen eine zeitgemäße architektonische Sprache. Für die Fassade wurde ein Wirtshausschild aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts angekauft und restauriert. Der Ausleger stammt vom ehemaligen Gasthof Spiegel in der Haller Münzergasse, wo er bereits vor Jahrzehnten abmontiert worden war und einen neuen Bestimmungsort „suchte“.

Den glanzvollen Abschluss der Gesamtrestaurierung bildete der Einbau eines Stubengetäfels, das vom Gasthof Volderwaldhof in der Nähe von Hall in Tirol stammt. Die Täfelung war wegen ihrer künstlerisch wertvollen Jagdmotive, die der Thaurer Bildschnitzer Romed Speckbacher in den 1920er-Jahren schuf, ebenfalls vor längerer Zeit abgebaut und von der Messerschmitt-Stiftung erworben worden. Nach einer genauen Maßaufnahme der Täfelung zeigte sich, dass die vorhandenen Elemente genau in einen Gastraum des Gasthofs Engl passen würden.

Der u.a. in München und Innsbruck, aber auch in Hall in Tirol bei Josef Bachlechner d.Ä. ausgebildete Romed Speckbacher genießt einen herausragenden Ruf als Krippenschnitzer. Er gestaltete aber auch die Reliefs an den Kirchentüren von Thaur und Absam, Beichtstühle und viele Fastnachtsmasken. Manche seiner Bildschöpfungen wurden sogar in die USA und in den Fernen Osten exportiert.

Die Täfelung des heute als „Poschstube“ bezeichneten Gastraumes im Gasthaus Goldener Engl ist möglicherweise Speckbachers einziges Werk in diesem Genre. Noch ganz dem historisierenden altdeutschen Einrichtungsstil verpflichtet, unterteilte der Bildschnitzer die umlaufenden Wandelemente in unterschiedlich große Felder, in die er Jagdmotive, heimisches Wild und an Märchenstoffe erinnernde Szenen integrierte. In seine erzählerisch gestalteten Schnitzarbeiten nahm er auch viele liebevoll wiedergegebene Details auf, z.B. bildete er im Umfeld seiner Jagdszenen auch Pilze, Gebirgsblumen und Kleintiere ab. Die vertikale und horizontale Gliederung der Täfelung verzierte er mit Ornamentfriesen, die sich aus Weinblättern und Trauben zusammensetzen.