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Delfter Porzellan – Behälter für heißes Teewasser (um 1700)

In Tiroler Kunstsammlungen haben sich auch Objekte des Alltags erhalten, die in früherer Zeit als Gebrauchsgegenstände in Verwendung standen und erst allmählich in den Rang von Kunst im Sinne von Kunsthandwerk bzw. Design gehoben wurden. Ein Porzellan-Behälter für heißes Teewasser aus der Zeit um 1700 ist ein solcher Haushaltsartikel. Er wurde wahrscheinlich in der niederländischen Stadt Delft gefertigt und gibt aufgrund seiner Dekorationen nicht nur Auskunft über seine Funktion, sondern liefert auch wertvolle Informationen über die Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren. Unter anderem wirft das Stück die Frage auf, ab wann in Tirol Tee getrunken wurde. Das Gefäß ist aber auch deshalb bemerkenswert, weil es seinen Weg von Delft in ein herrschaftliches Haus im Tiroler Unterland gefunden hat. Das legt den Schluss nahe, dass es schon immer als Sammlerstück gegolten hat und man es gerne bei Einladungen zum Tee präsentierte.

Der Behälter für heißes Teewasser hat eine Größe von ca. 42 cm (Höhe), 30 cm (Breite) und 15 cm (Tiefe) und besitzt die Form eines Häuschens, das auf sechs so genannten Laibchenfüßen aufliegt. Das Dach des Häuschens ist abnehmbar, damit heißes Wasser in den Behälter eingefüllt werden kann, die Füße verhindern, dass schönes Mobiliar durch die Hitze des Behälters beschädigt wird.

Besonders bemerkenswert sind die reichen Dekorationen: Auf dem geschmiegten (leicht nach innen gewölbten) Walmdach sind Blaumalereien und plastische Dekorationen angebracht. Auf den Dachflächen wurden zwischen Wolken Putti abgebildet, die Obstkörbe und Blumen in die Höhe halten. Der Dachabschluss setzt sich aus plastisch geformten und aufgemalten Blumenmotiven zusammen. Auf seiner Schauseite weist das Dach eine Gaupe mit verziertem Blendgiebel auf, aus der ein plastisch geformter Kopf „heraus sieht“. Am unteren Teil des Behälters wurden Genreszenen wiedergegeben. Sie veranschaulichen den Alltag der noblen Gesellschaft um 1700. Auf dem mittleren Bildfeld sind „Damen und Herren von Stand“ beim Teetrinken und Pfeiferauchen festgehalten. Links im Bild begrüßt ein Herr eine Dame elegant mit Handkuss. Auf der rechten Seitenfläche ist eine Dame bei der Toilette dargestellt und auf der linken eine andere, die Kaffee trinkt und sich dabei mit soeben angekommenen Gästen unterhält. Am unteren Rand des Gefäßes ist der (leider nicht mehr vollständige) Ausguss zu sehen. Ihm wurde die Form eines Wasser speienden Kopfes verliehen.

In Zusammenhang mit diesem reizvollen Teewasserbehälter ist es bedauerlich, dass keine Hinweise über die Umstände seines Importes nach Tirol und die Personen existieren, die ihn verwendeten. Aufgrund der in blauer Farbe gehaltenen Malerei und der Art der Darstellung der Personen besteht heute lediglich die Möglichkeit, seinen Produktionsort mit der niederländischen Stadt Delft und seine Entstehungszeit mit ca. 1700 anzugeben. Die Datierung aufgrund der Bekleidung und Haartracht ergibt sich aus Vergleichen mit zeitgleich entstandenen Porträts oder Abbildungen aus dem Bereich der Mode- und Kostümkunde. Denn Ende des 17. Jahrhunderts kamen ausgehend von Frankreich weiß gepuderte Perücken allgemein in Mode und die Damen der Aristokratie und des Großbürgertums kleideten sich mit sehr viel Spitze.

Andererseits gehörte das Sammeln von Porzellan aus Delft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts geradezu zum „guten Ton“. Porzellan wurde ursprünglich – genauso wie Tee – aus China importiert. Für den Transport sorgten die Ostindischen Kompanien, u.a. die 1602 gegründete Holländische Ostindische Kompanie. Als ab 1657 wegen politischer Unruhen in China die Ausfuhr unterbrochen war, fand als Ersatz die Delfter Keramik in ganz Europa reißenden Absatz. Delfter Fayencen werden auch oft als „Delfter Ware“ oder „Porceleyne“ bezeichnet. Sie sind weiß, stark glasiert und durch ihre blaue Bemalung charakterisiert, die japanische und chinesische Vorbilder aus Porzellan (meist den so genannten Wan-Li-Stil) nachahmt. In der Mitte des 17. Jahrhunderts erreichte die Fabrikation ihre Blütezeit.

Im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde Tee nicht mehr als Medizin verkauft, sondern als Basis für ein heißes Getränk. Wegen der hohen Preise war er ein Luxusgut und somit nur der Aristokratie zugänglich. Grüner Tee wurde aus Japan eingeführt, Schwarzer Tee aus China.