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Allegorie von Handel und Gewerbe – Fassadenmosaik der Wirtschaftskammer in Innsbruck (1906)

Im Verlauf ihrer mehr als 150-jährigen Geschichte war die international tätige Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck mehrmals gezwungen, ihre wirtschaftliche und organisatorische Struktur den sich ändernden Bedürfnissen anzupassen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts mussten beispielsweise gewisse Bereiche der Produktion von farbigen Glasfenstern reorganisiert werden. Neue Zollbestimmungen waren ausschlaggebend dafür, dass das verarbeitete Glas nicht mehr importiert, sondern in Kramsach von firmeneigenem Personal hergestellt wurde. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Vereinigung der Tiroler Glasmalerei mit der ebenfalls von Firmengründer Albert Neuhauser ins Leben gerufenen Mosaikwerkstätte im Jahr 1900.

Als einen der wichtigsten Aufträge in dieser Zeit realisierte die später als Mosaikanstalt bezeichnete Werkstatt die Fassadendekoration für die Tiroler Handels- und Gewerbekammer (heute: Tiroler Wirtschaftskammer) in der Meinhardstraße im Zentrum von Innsbruck. Das monumentale, nach Entwürfen von Alfons Siber (Schwaz 1860-1919 Hall i. T.) gestaltete Kunstwerk trägt den Titel „Allegorie von Handel und Gewerbe“ und entstand 1906.


In der Zeit um 1900 war München die im gesamten deutschsprachigen Raum „tonangebende“ Architekturmetropole, weshalb der aus Bayern stammende Architekt Ludwig Lutz den Auftrag zur Planung des repräsentativen Gebäudes für Handel und Gewerbe in Innsbruck erhielt. 1900 bis 1902 schuf er ein fünfgeschossiges, auf altdeutsche Formen zurückgreifendes Gebäude, dessen straßenseitige Front mit Erkern und Loggien unterteilt ist. Um den öffentlichen Charakter der Handelskammer zu unterstreichen, wurde die Fassade im Bereich des ersten Obergeschosses mit einem reich verzierten Mosaikband ausgestattet, das um die Fenster und eine Loggia herumgeführt wurde.

Der monumentale Mosaikfries auf grünem Grund entstand 1906. Es sind kräftige Männergestalten abgebildet, die als allegorische Gestalten für die Metall- und Bodenbearbeitung stehen. Ein Gärtner und ein Schmied reichen sich im linken Bildfeld die Hände und „umfangen“ auf diese Weise den Segmentbogen eines der Bürofenster. In der nächsten Szene geben sich ein Tischler und ein Bäcker die Hand, wodurch ein Bezug zum Holz verarbeitenden Gewerbe und zur Lebensmittelbranche hergestellt wird. Die andere Hälfte des Mosaiks auf der Nordseite der Mittelloggia ist dem Handel gewidmet. Hier sind ein Frächter und ein Kaufmann dargestellt. Den Abschluss der Bildfolge bildet die als weibliche Gestalt wiedergegebene Allegorie des Kunstgewerbes, die ihre Hand in Richtung eines Käufers ausstreckt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Gesichtszüge des Käufers. Angeblich soll es sich bei dieser Figur um den damaligen Präsidenten der Handels- und Gewerbekammer handeln.

Der für die Gestaltung verantwortliche Künstler war Alfons Siber, der mit den Themen Glasmalerei und Mosaikkunst bestens vertraut war, zumal er in der Tiroler Glasmalereianstalt seine erste Ausbildung erhalten hatte. 1881 bis 1890 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo ihn insbesondere das Flair der Kunst Hans Makarts gefangen nahm. Makart (Salzburg 1840-1884 Wien), ein Hauptvertreter der Malerei des österreichischen Historismus, war bekannt für seine groß angelegten, barocke Lebensgefühle wiederbelebenden Prunkdekorationen.