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Renaissance-Grabplatten in der Pfarrkirche von Matrei in Osttirol – Hie ligt begraben… (ab 1525)

In der Pfarrkirche von Matrei in Osttirol haben sich zwei aus der Zeit der Spätrenaissance stammende Epitaphien (Grabplatten) für Geistliche erhalten, die ehemals in der Kirche beigesetzt waren. Sie zeigen die halbfigurigen Porträts der Verstorbenen im Relief. Die Schaffung der beiden Grabdenkmäler ist in Verbindung mit der früheren Bedeutung der Pfarre zu sehen, denn sie gehört zu den ältesten im heutigen Gebiet von Osttirol und wurde wahrscheinlich schon in karolingischer Zeit (8. Jahrhundert) gegründet.

Die Pfarrkirche wurde in baulicher Hinsicht mehrmals erneuert. Ein Neubau der ersten romanischen Kirche erfolgte unmittelbar nach einem Brand (1326), ein anderer wurde in Angriff genommen, nachdem die Gemeinde so angewachsen war, dass eine Vergrößerung der Kirche unumgänglich wurde (1776-1783). Die baulichen Veränderungen sind auch der Grund dafür, dass die Renaissance-Grabplatten innerhalb der Kirche mehrmals versetzt wurden.

Beide Geistliche wurden ursprünglich in der Kirche begraben und ihre Epitaphien zunächst in den Neubau des 18. Jahrhunderts integriert. Im Zuge einer Kirchenrenovierung wurden sie im 19. Jahrhundert aus dem Kircheninneren entfernt, aber erst 1902 in die Umfassung des Friedhofs eingemauert. Seit der jüngsten Restaurierung der Kirche 1988/1989 befinden sie sich aber aus konservatorischen Gründen wiederum in der Kirche. Diese Sicherungsmaßnahmen sind deshalb notwendig, weil sich die Grabplatten ursprünglich am Kirchenboden befanden, was unweigerlich zu Abnützungserscheinungen führte. Der Abrieb durch das Betreten der Grabplatten lässt die bildlichen Darstellungen und auch die Inschriften flach erscheinen. Zugleich ist das auch der Grund dafür, weshalb heute das Jahr des Ablebens von Vikar Wolfgang Höl(l)er nicht mehr eindeutig identifiziert werden kann. Am Grabstein befindet sich zwar eine Jahreszahl, diese kann aber als „1525“ oder „1527“ gelesen werden.

Das Grabdenkmal für den Matreier Vikar besteht aus rotem Sandstein und hat eine Größe von 120 x 60 cm. Die Halbfigur des Verstorbenen wurde in einer mit einer muschelförmigen Kalotte abschließenden Nische platziert. In seiner Linken hält er ein Buch (die Bibel?) und in seiner Rechten ein Inschriftenblatt, das zugleich seinen Unterkörper abdeckt. Leider ist der Name des Bildhauers der Grabplatte nicht überliefert, seine hohe künstlerische Fertigkeit zeigt sich aber vor allem darin, dass er die Zeilen am Inschriftenblatt in äußerst realistischer Form festhielt, nämlich in der unebenen Wiedergabe eines gewellten Blattes. Die Beschriftung selbst erfolgte in Kapitalis-Lettern (Großbuchstaben): „HIE LIG(T) BEGRABEN D(ER) / ERBIRDIG HER WOLFGANG / HÖLER ET BAN VICARIVS DISER / KIRHEN DER GESTORB(EN I)ST NA(CH) / CRISTI GEBVRT MCCCC… / TAG DE(S) MONA(TS) / (D)EN GOT G(E)NADIG S(EI?) / (E)XITVS ACTA BROBAT“.

Der zweite Renaissance-Epitaph in der Pfarrkirche von Matrei ist dem Pfarrer Johann Fercher (1558-1605) gewidmet, der sein Grabdenkmal wahrscheinlich noch zu seinen Lebzeiten herstellen ließ (1594). Im Unterschied zum ersten Grabstein wurde dieser nicht aus weichem Sandstein, sondern aus rotem Marmor geschaffen. Auch die künstlerische Ausgestaltung ist aufwändiger als beim ersten Beispiel aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Nun ist der Verstorbene als Dreiviertelfigur dargestellt, in seiner Linken hält er ein Buch, mit seiner Rechten umfasst er eine der Kordeln seines Umhangs. Seitlich unter der rechten Hand ist das Wappen der Fercher abgebildet. Die Figur ist in eine Bogennische eingestellt, deren Hintergrund konchenförmig ausgeschmückt wurde. Das Kämpfergesims des Bogens weist ebenfalls eine reichhaltige Verzierung auf. In den seitlichen Zwickeln des Bogens sind Puttenköpfe abgebildet. Im unteren Teil der Grabplatte befindet sich die Inschrift in Fraktura (Schriftart aus der Gruppe der gebrochenen Schriften): „Hie ligt begraben der Erwirdig / Geistlich Herr Johann Fercher er war / Dechant und Chorherr zu Innigen [Innichen] / auch Kirch- und Pfarrherr alhir zu / Windisch Matray welcher ist / gestorben ist den 2tan FEBRV im / Jar 1605 dissen soll Gott genedig / und Barmherzig sein… Amen.“

Bei einem Vergleich der beiden Epitaphien fällt auf, dass sie Ähnlichkeiten aufweisen, der später entstandene aber viel facettenreicher gestaltet und dekoriert wurde als der frühere, den neben seiner liebevollen Ausarbeitung eine große Schlichtheit kennzeichnet. Das entspricht ganz dem Zeitgeschmack des ausgehenden 16. Jahrhunderts, der von einem zunehmenden Repräsentationsbedürfnis geprägt war. Das manifestierte sich u.a. auch darin, dass in der Grabinschrift für Johann Fercher nicht nur die Barmherzigkeit Gottes angerufen, sondern auch an den Ruhm des Toten erinnert wird.