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Palmsonntag – Wandgemälde von Walter Honeder in Wattens (um 1958)

Der aus Wien stammende und in Tirol ansässig gewordene Maler Walter Honeder (1906-2006) zählt zu den heimischen Künstlern, die sich an der 1949 von der Landesregierung ins Leben gerufenen „Kunst-am-Bau-Aktion“ besonders aktiv beteiligten. Auf Betreiben der Künstlerschaft wurde damals beschlossen, zwei Prozent der Bausumme von Landesbauten für deren künstlerische Ausgestaltung aufzuwenden. Das führte dazu, dass in den späten 1940er- und in den 1950er-Jahren im ganzen Land viele Werke im bzw. für den öffentlichen Raum geschaffen wurden.

Unter den von Walter Honeder gestalteten Wandbildern, Sgraffitos und Mosaiken findet sich auch eine reizvolle Palmsonntagsdarstellung. Das in Secco-Technik ausgeführte Wandgemälde entstand auf einem Wohnbau in Wattens in der Rudolf-Steinacher-Straße und erstreckt sich über zwei Geschosse. Auf der Abbildung hielt der Künstler landestypische Frühlingsbräuche fest, u.a. Kinder bei einer Palmprozession und Buben beim „Grasausläuten“.

Mit dem Palmsonntag (lat. dominica palmarum) beginnt die Karwoche. Die Christen begehen diesen Tag im Andenken an den Einzug Jesu in Jerusalem. Im Zentrum der Palmsonntagsliturgie stehen neben der Verkündigung des Evangeliums die Weihe der Palmzweige und eine Prozession.

Im Neuen Testament wird davon berichtet, dass Jesus, auf einem Esel reitend, in Jerusalem eingezogen sei. Die jubelnde Masse breitete vor ihm Kleider und Palmzweige auf der Straße aus. Diese Überlieferung führte zur Ausprägung spezifischer Palmsonntagsbräuche wie der Prozession mit Palmeseln (z.B. in Thaur bei Innsbruck), dem Binden von Palmbuschen (Sträuße aus Palmzweigen) für die Mädchen und (möglichst hohen) Palmstangen für die Buben oder dem Backen von Palmbrezeln. Diese Bräuche sind aber nicht nur vor dem beschriebenen religiösen Hintergrund zu sehen, sie sind – wie das Grasausläuten – auch mit dem Frühlingsbeginn und dem wieder einsetzenden Wachstum der Pflanzen in Verbindung zu bringen.

Auf dem von Walter Honeder stammenden Wandgemälde in Wattens sind im oberen und unteren Bildbereich je zwei Kinder zu sehen. In der unteren Zone des Gemäldes befinden sich ein Bub und ein Mädchen, das einen Strauß aus Palmzweigen und eine große Brezel hält. Die Brezel gehört zu den charakteristischen Gebäcken, die für den Palmsonntag hergestellt werden. In ihrer Ausformung als größere Hefeteigbrote sind sie Bestandteil des traditionellen „Gotlpacks“, der österlichen Geschenke von Taufpaten an ihre Patenkinder. Kleinere Brezeln werden mit bunten Schleifen an Palmbuschen und Palmstangen befestigt. Der an der rechten Seite des Mädchens dargestellte Bub hält eine mannsgroße Palmstange feierlich in die Höhe.

Wie auf Honeders Wandbild wiedergegeben, werden Palmbuschen und Palmstangen auch gerne mit Äpfeln und Weidenkätzchen geschmückt. Nach den Prozessionen und den Gottesdiensten bringt man die geweihten Buschen nach Hause. Dort haben sie fortan die Funktion, vor Unwettern zu schützen. Einzelne Ölzweige steckt man in den bäuerlichen Stuben an das Kruzifix im „Herrgottswinkel“. Diese kleinen Äste werden erst nach einem Jahr durch neu geweihte ersetzt.

Im oberen Bereich des Wandbildes hat Walter Honeder zwei Buben mit großen Schellen (Glocken) beim so genannten „Grasausläuten“ festgehalten. Bei diesem Brauch handelt es sich um „Lärmumzüge“, die symbolisch zur Vertreibung des Winters beitragen sollen. Das ist zudem der Grund, weshalb der Künstler als Zeichen für den anbrechenden Frühling am oberen Abschluss des Wandbildes eine strahlende Sonne und einen blühenden Obstbaum abbildete.