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Faltenrockharnisch – modische Kleidung aus Stahl  (um 1510)

In einer Sammlung im Tiroler Unterland wird eine Federzeichnung in brauner Tusche aufbewahrt, auf der – trotz der starken Beschädigungen des Blattes – Kaiser Maximilian I. (Wiener Neustadt 1459-1519 Wels) in einem seiner Prunkharnische und den Reichsinsignien zu sehen ist. Er trägt die habsburgische Privat- oder Hauskrone. Das Szepter in der rechten und die gedrehte Kerze in der linken Hand sind nachträgliche Ergänzungen auf der Zeichnung. Rechts unten am Blatt ist das Fragment des Reichsadlers (Doppeladler) zu sehen, links oben die Beschriftung „MAXIMILI/ ANUS I. IM/ PERATOR“.

Es ist vor allem der Harnisch, den der Kaiser trägt, der Rückschlüsse auf die näheren Zusammenhänge der Entstehung der Skizze zulässt. Kaiser Maximilian I. war der bedeutendste Mäzen der Plattner (Harnischmacher) in der beginnenden Renaissance, ohne den sich Innsbruck (neben Augsburg, Nürnberg, Landshut, Mailand und dem burgundischen Arbois) nie zu einem blühenden Zentrum der Rüstungsproduktion entwickelt hätte.

Um 1380/1390 war in Oberitalien, vor allem in Mailand, der aus Stahlplatten geformte Harnisch an die Stelle des Kettenpanzers getreten. Damit war dieser Bereich der Waffenherstellung – vergleichbar etwa mit der heutigen Sportbekleidung – in die Nähe der damaligen Vorstellungen von Mode und künstlerischer Gestaltung gerückt. Durch die notwendige Anpassung an den Körper des Bestellers können die Rüstungen auch als Plastiken verstanden werden, an denen auch die persönliche Note bzw. der Geschmack des Auftraggebers zum Ausdruck kommt.

Kaiser Maximilian I. hat wie kein anderer Fürst an der technologischen Entwicklung und an der Fertigung von Harnischen für Krieg, Sport (Turniere) und Repräsentation persönlichen Anteil genommen und er übertrifft alle Zeitgenossen in Bezug auf die Zahl an Rüstungen, die aus seinem Besitz stammen und bis heute erhalten sind. Nicht wenige der von ihm bestellten Harnische wurden auch als Geschenke in andere Länder gesandt, z.B. erhielt neben vielen anderen Herrschern auch der englische König Heinrich VIII. eine Rüstung von Maximian I. Diese wurde in der Werkstatt Konrad Seusenhofers (um 1450-1517) in Innsbruck hergestellt.

Zuerst arbeitete Maximilian mit ausländischen Werkstätten zusammen. Als er aber 1490 die Landesherrschaft in Tirol übernahm, übersiedelten mehrere Plattner (= Harnischmacher) nach Wilten und Mühlau (heute Innsbruck), um von dort aus für ihn zu produzieren. 1504 ließ er in der Wiltener Vorstadt sogar eine eigene Plattnerwerkstatt einrichten, um persönlich Einfluss auf die Erzeugung zu nehmen. Dieser großzügig finanzierte Betrieb wurde dem aus Augsburg zugezogenen Konrad Seusenhofer unterstellt, dessen Harnische nicht nur elegant gestaltet, sondern auch aus Stahl gefertigt waren – ein Material, das sogar Kugeln und Armbrustbolzen standhielt.

Um 1510 kamen neue „Riefelharnische“ auf, benannt nach den feinen Kehlungen bzw. Riefelungen an der Oberfläche. Diese Harnische wurden genauso unter Seusenhofers Anleitung hergestellt wie die ebenfalls von ihm entworfenen und als besonders modisch geltenden Faltenrockharnische.

Wichtig war bei dieser „Harnisch-Mode“, dass der Plattner Seusenhofer den Versuch unternahm, die damals beliebte modische Kleidung mit den – auch von Männern durchaus geschätzten – Faltenröcken zu imitieren und in Stahl zu übertragen. Der Unterschied ist nur, dass der getriebene Faltenrock einen Ausschnitt für den Ritt aufweist. Zusammen mit den tütenförmig ausgebildeten Schultern, den getriebenen Arm- und Beinzeugen und den geriefelten Fäustlingen entspricht der gefältelte Rock ganz dem Zeitgeschmack.

Besonders kostbar gearbeitete Faltenrockharnische wurden mit vergoldeten oder geätzten Ornamentbändern dekoriert, die ähnlich ihren textilen Vorbildern den Eindruck von reicher Verzierung mit Borten und Bordüren hervorrufen sollten. Für die Gestaltung dieser Elemente arbeitete Seusenhofer mit Innsbrucker Goldschmieden und Ätzmalern zusammen.