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Breverl – Miniatur-Devotionalie in Form von Druckgrafik (um 1635)

Devotionalien, insbesondere kleine Andachtsbilder, nehmen in der Kunstgeschichte eine Sonderstellung ein, weil ihre Ikonografie-, Material- und Technikgeschichte Besonderheiten aufweist. Überdies sollten kleine Andachtsbilder nie ohne Bezug auf ihre theologischen und kommerziellen Aspekte betrachtet werden.

Beim so genannten Breverl (auch „Breferl“, von lat. „breve“ für einen kurzen lateinischen Text) handelt es sich um eine Miniatur-Devotionalie, die hauptsächlich in Österreich und Süddeutschland Verbreitung fand. Ein Breverl besteht aus einem oder mehreren klein zusammengefalteten Zetteln mit Gebeten, Bildern und Symbolen, die in einfach gestalteten Hüllen oder Etuis bzw. kostbar gearbeiteten Täschchen oder Pölsterchen aufbewahrt wurden. Viele der Breverln wurden in Nonnenklöstern hergestellt, wo man sich ihrer Anfertigung mit großer Sorgfalt und Muße widmete. Durch den Verkauf der Miniatur-Devotionalien erwirtschafteten die Klostergemeinschaften aber auch relevante Einnahmen.

Im Bereich der volkstümlichen Tradition bestand oft zwischen Glaube und Aberglaube bzw. zwischen Glaube und Geschäft kein Widerspruch, weil die Gläubigen neben ihren Gebeten und den Besuchen in den Gottesdiensten mit dem Kauf von Andachtsbildern, Breverln oder Amuletten immer auch den Erwerb von Glück und Segen verbanden. Im Hintergrund dieser Einstellung ist ein Misstrauen gegenüber der rational erfassbaren Welt auszumachen. Man orientierte sich lieber an sinnlich Erfahrbarem, z.B. an Gestirnen, Gesten, Zeichen und nicht zuletzt Zahlen, deren Wirkung auf wundertätige Gegenstände bzw. Talismane scheinbar übertragen werden konnte.

Unter ihnen sind Breverln besondere Segensbringer. Üblicherweise bestehen sie aus kleinen Segens- oder Gebetszetteln, die mit Abbildungen von Heiligen (meistens Franziskanerheiligen) und Symbolen kunstvoll zusammengeklebt und gefaltet wurden. Als Schutzhülle dienten Etuis aus verziertem Karton oder Leder, bestickte Stofftaschen oder vernähte Kissen. Das Material der auch so genannten „Breverl-Pölsterchen“ oder „Heiltumstäschchen“ war manchmal wertvoll und konnte z.B. aus Seide oder Seidenrips bestehen. Auf manche wurden Metallstickereien aus Silber- oder Goldfäden appliziert. Zu den häufigen Motiven zählten das „IHS“-Monogramm für Christus, das Herz Jesu oder die Nägel, mit denen der Heiland ans Kreuz genagelt wurde. Seltener als Etuis, Täschchen oder Kissen waren Schutzbrief-Behälter aus Silber, Zinn oder Messing.

Breverln setzten sich aus einer kuriosen Sammlung von religiösen Texten und Zeichen zusammen, die in Form von Miniaturen wiedergegeben wurden. Unter den Sujets befanden sich auch so merkwürdige Sinnbilder wie glückselige Hauskreuze, Benediktuspfennige, Sebastianpfeile, Agathazettel, Dreikönigszettel, Palmkätzchen, Staub von Schabmadonnen, farbige Papierstückchen, Korallen etc.

Breverln waren hauptsächlich im österreichischen und bayerischen Volksglauben verankert. Für ihre Inhaber kam es nicht nur darauf an, solche Miniatur-Devotionalien zu besitzen, denn ihre Wundertätigkeit entfaltete sich nur, wenn man die Breverln auch trug. Man befestigte sie an Gürteln, Fraisenketten, Rosenkränzen, gelegentlich wurden sie in die Kleider eingenäht oder man legte sie den Kindern in die Wiege. Das den Breverln anhaftende Naheverhältnis zwischen Glaube und Zauberei war der Grund dafür, dass die Kirche den Brauch des Tragens von Breverln zeitweise heftig bekämpfte, aber sowohl der Macht dieser Art von Magie als auch der Devotionalie als Wirtschaftsmacht relativ wehrlos gegenüberstand.

Vor allem in der bäuerlichen Bevölkerung genossen die Breverln den Ruf, vor Hexen, Dämonen, bösen Einflüssen, Besessenheit, Pest, Feuer und Unwettern zu schützen. Nicht zuletzt wurde ihnen die „Aufgabe übertragen“, Soldaten vor feindlichen Kugeln zu schützen. Das ist der Grund, weshalb sie auch unter der Bezeichnung „Kugelfänger“ in die Geschichte eingegangen sind.