Nicht erst der Wellness-Gedanke hat dazu geführt, dass Hallenbäder und Thermalanlagen zu einer Hochblüte gelangten. Ein Blick auf das Aigner Badl in Abfaltersbach beweist, dass man auch in vergangenen Jahrhunderten Erholung und Genesung in Bädern gesucht hat. Hierher kamen Bauern und Handwerker, aber auch Knechte und Mägde aus der Umgebung, um sich nach schweren Arbeiten zu regenerieren oder verschiedene Krankheiten zu kurieren. Für die Bäder wurde das Wasser einer Kalziumsulfat-Mineralquelle genützt, das bei verschiedenen Hautproblemen, z.B. Neurodermitis oder Schuppenflechte, aber auch bei Gelenksleiden, Rheuma, Ischias und Gicht eine heilsame Wirkung versprach.
Das urkundlich schon 1772 erwähnte, in seiner heutigen Form aber erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene Bauensemble des Aigner-Badls setzt sich aus Badhaus, Gasthaus und Keller zusammen. Vor wenigen Jahren drohte der charmante und in landschaftlich reizvoller Umgebung liegende Komplex zu verfallen. Seit seiner Revitalisierung kann man in den Sommermonaten hier aber wieder den Badefreuden frönen.
Das Aigner-Badl hat aber auch als Bauensemble seine Besonderheiten. Es besteht aus einem Badhaus, einem Gasthaus und einem Speicher (obwohl er nicht unter der Erde liegt, wird er vielfach als Keller bezeichnet), wobei Badhaus und Gasthaus über eine besondere Brückenkonstruktion miteinander verbunden sind.
Das Badhaus ruht auf vierkantigen, gemauerten Säulen, um den vollständig in Holz ausgeführten Bau darüber fest im Erdreich zu verankern. Den oberen Abschluss bildet ein an allen Seiten auskragendes Krüppelwalmdach, das mit Schindeln eingedeckt ist. Im Erdgeschoss wurden sechs mit ovalen Badezubern (Badewannen) ausgestattete Badekabinen und zwei Ruheräume eingerichtet. Im ersten Stock befinden sich acht Gästezimmer – Berichten zufolge wurden sie von der bäuerlichen Bevölkerung auch gerne einmal für zwei Wochen angemietet.
Das Obergeschoss verfügt über einen umlaufenden Holzbalkon, der an der Südseite des Gebäudes in zwei voneinander getrennte Brückenkonstruktionen übergeht. Auf diese Weise verfügen die Gasträume von Badhaus und Wirtshaus über direkte Verbindungen.
Im Unterschied zum Badhaus hat das Gebäude des Gasthauses eine gemauerte Sockelzone und ein in Holz gezimmertes Obergeschoss mit Satteldachabschluss. Die Küche des Gasthauses befindet sich im Erdgeschoss, der schlicht eingerichtete Gastraum nimmt das darüber liegende Stockwerk ein. Wie erwähnt rührt diese Art der Raumaufteilung wohl daher, dass man den Gästen des Badhauses einen möglichst bequemen – quasi „innerhalb“ des Hauses liegenden – Zugang zum Wirtshaus ermöglichen wollte.
Der kleine, zum Bauensemble gehörige Speicher wurde seitlich neben dem Gasthaus errichtet, um zwischen Küche und Depot eine direkte Verbindung zu schaffen. Das zur Gänze gemauerte Gebäude verfügt über zwei hintereinander liegende, gewölbte Vorratsräume. Es wurde in den Hang gebaut, um dadurch ein für die Aufbewahrung von Speisen und Getränken günstiges Raumklima zu schaffen.
Das Aigner-Badl steht aufgrund seiner medizinhistorischen und volkskundlichen Bedeutung seit 1991 unter Denkmalschutz. Zusätzlich mit Sauna, Massageraum und Kneippeinrichtungen ausgestattet, steht es heute wieder als Heil- und Freizeitbad in Verwendung.
Tipp:
Das Aigner-Badl ist von Mitte Mai bis Ende September geöffnet. Badezeiten: täglich ab 10 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 11 Uhr, Badeschluss spätestens um 20 Uhr. Informationen: +43 (0) 699-11591377 oder johann.aigner@banksillian.at