Der Kufsteiner Barockmaler Michael Waginger (1642-1713) setzte sich in einem achtteiligen Bilderzyklus intensiv mit dem Wirken des hl. Antonius von Padua auseinander. Zu den von ihm festgehaltenen Szenen gehören mehrere Krankenheilungen, es findet sich darunter aber auch die ungewöhnliche Darstellung von Aussätzigen, Verkrüppelten und Geisteskranken.
Die seltene Auswahl des Bildthemas ist wohl darauf zurückzuführen, dass der hl. Antonius von Padua (1195-1231) zu den beliebtesten Fürsprechern der Christenheit zählt. In der Vielzahl von Anlässen und Krankheiten, in denen er angerufen wird, gilt er aber vor allem als Schutzmacht über die Armen. Nicht zuletzt ist das auch der Grund, weshalb sich der Ausdruck „Antoniusbrot“ für Spenden an die Armen eingebürgert hat.
Der von Michael Waginger geschaffene Bilderzyklus für eine Antoniuskapelle im Tiroler Unterland umfasst insgesamt acht Tafelbilder, darunter eines, auf dem er den hl. Antonius als Patron der Aussätzigen und Krüppel vorführt. Der Künstler gab Antonius auf einer Wolkenbank wieder, die er mit einer Reihe von Putti verzierte. Die darunter abgebildeten Gestalten versammelte er in der Nähe eines Baumes im Freien. Damit wollte Waginger wohl darauf hinweisen, dass es sich bei den Aussätzigen und Krüppeln um einen Personenkreis handelt, der noch zu seiner Zeit aus der Gesellschaft ausgegrenzt wurde.
Im Zentrum des Bildes befindet sich ein Mann, der dem Heiligen sein wehes, in einen dicken Verband gewickeltes Bein zeigt. Dahinter ist ein Krüppel mit Holzbein und Gehstock zu sehen, der auch seinen Arm in einer Schlaufe trägt. Rechts im Bild ist eine männliche Figur mit Kind festgehalten. Der Mann deutet auf seinen Kopf, was möglicherweise als Hinweis auf eine psychische Krankheit zu interpretieren ist. Besonders interessant ist aber ein Paar links im Bild. Bei der Frau und dem Mann könnte es sich um Aussätzige (Leprakranke) handeln, weil sie der Maler mit Utensilien abbildete, die Geräusche erzeugen. Beispielsweise hält die weibliche Gestalt ein Glöckchen in die Höhe. Aufgrund der Ansteckungsgefahr wurden in früheren Zeiten Leprakranke mit Ratschen oder Glöckchen ausgestattet. Auf diese Weise zwang man die verstoßenen Aussätzigen, bei der Ankunft einer gesunden Person auf sich aufmerksam zu machen. Der hl. Antonius hält seine schützende Hand über die „kleine Gesellschaft“.