Sonnenuhren sind präzise Zeitmesser, die schon in der Antike bekannt waren und im Zuge der Christianisierung nach Europa kamen. Die ersten mittelalterlichen Exemplare waren "spartanisch" ausgeführt. Sie bestanden lediglich aus in die Wände geritzten Linien und Zeichen. Erst in der Epoche des Barock - wo sie zu großer Beliebtheit gelangten - entstanden die prächtig dekorierten Sonnenuhren an den nach Süden orientierten Außenwänden von Kirchen und Häusern.
Besonders schöne Beispiele finden sich auf den vom Südlicht verwöhnten Sonnenplateaus im Umkreis von Innsbruck. Die Sonnenuhren, die an den Pfarrkirchen und Bauernhäusern oberhalb von Kematen - zwischen Birgitz und Ranggen - erhalten sind, gehören nicht umsonst zu den wichtigsten Beispielen des Landes. Denn die meisten von ihnen geben nicht nur Auskunft über die Uhrzeit, sondern zeigen auch die so genannte wahre Ortszeit und die Datumslinien der Tierkreiszeichen an.
Sonnenuhren waren schon den Ägyptern, Griechen und Römern bekannt. Im Mittelalter waren es vor allem die Klöster, die sie als Zeitmessinstrumente verwendeten. Die Sonnenuhr konnte aber gerade im deutschsprachigen Raum zwischen Nürnberg und Erfurt im Verlauf des 15. Jahrhunderts maßgeblich weiterentwickelt werden. Die Erfindung des parallel zur Erdachse stehenden Schattenstabes (Polstab) ermöglichte es nämlich, dass die wahre Ortszeit ermittelt werden konnte. 1451 wurde für den Wiener Stephansdom die erste solche Sonnenuhr konstruiert, etwa zeitgleich mit der ersten, die in Tirol realisiert wurde. Diese befand sich ab 1452 am Turm der Pfarrkirche von Hall in Tirol und wurde von einem Magister Martin von der Universität Wien berechnet. Es scheint, dass im Verlauf der Geschichte die Sonnenuhr nie unmodern wurde. Das ist darauf zurückzuführen, dass man früher die Sonnenuhren vor allem dazu benötigte, die ebenfalls seit dem 14. und 15. Jahrhundert in Verwendung stehenden Räderuhren auf ihre Genauigkeit hin zu kontrollieren. Von daher stammt auch der Brauch, für Kirchen sowohl eine Räderuhr als auch eine Sonnenuhr anzuschaffen.
Eine der ältesten erhaltenen Sonnenuhren nahe Innsbruck befindet sich auf einem Bauernhof in Birgitz. Die aus dem Jahr 1677 stammende und von einem Veit Singer signierte Sonnenuhr (1773 renoviert von Josef Pittl) wurde auf der Höhe des Obergeschosses platziert. Eine Darstellung der
Mariahilf, aus deren Herz der Schattenstab herausragt, steht umrahmt von
Rocaillen, Engelsköpfen, Blumen- und Spruchbändern im Zentrum der Abbildung. An den römischen Ziffern kann man den "lichten Tag" ablesen, also die Zeit von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends.
Eine weitere Sonnenuhr wurde an der Front eines Bauernhauses ebenfalls in Birgitz angebracht. Sie entstand im Jahr 1735 und steht als Zeuge für die gute Pflege, die man vielerorts auch von privater Seite den historischen Sonnenuhren angedeihen lässt. In ihrer ursprünglichen Form war bei jedem Monat ein Heiligenname verzeichnet. Diese Heiligennamen wurden aber bei einer der Renovierungen des Hauses übermalt, weshalb sich die Sonnenuhr heute in aller Schlichtheit mit in Bänder eingebundenen Zahlen und Tierkreiszeichen präsentiert.
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