Ein Osttiroler Votivbild von 1680 erzählt sowohl bildlich als auch durch den beigegebenen Text von der wunderbaren Wiederbelebung eines totgeborenen Kindes, damit es die Nottaufe durch die Hebamme empfangen konnte.
Dargestellt ist ein Kircheninnenraum mit großem, der Heimsuchung Mariae geweihtem Altar, auf dessen Mensa das neugeborene Wickelkind liegt. Vor dem Altar knien, streng nach Männern und Frauen getrennt, die Stifter des Votivbildes, Martin und Katharina Wierer, sowie deren Angehörige. Sie sind betend mit Rosenkränzen wiedergegeben. Die Frauen tragen schwarze Kleider mit weißen Halskrausen und Hüte, die Männer Kniehosen und Röcke.
Der Tod eines ungetauften Kindes wurde als großes Unglück betrachtet. Es entstand die Meinung, das Kind könnte durch das Taufbegehren der Mutter (= Begierdetaufe) für die ewige Seligkeit gerettet werden. Der besonders im Mittelalter verbreitete Wallfahrtsbrauch, die Taufe totgeborener Kinder zu erwirken, wenn man sie in frommer Erwartung an einen Gnadenort bringt, damit sie dort durch die Fürbitte der Muttergottes oder von Heiligen kurze Zeit das Leben zum Empfang der Taufe erlangen könnten, erlebte im Barock - besonders in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz - einen großen Aufschwung. Der zähe Kampf der Kirche und der Fortschritt der Medizin in der Bekämpfung der Kindersterblichkeit setzten diesem Missbrauch im 19. Jahrhundert ein Ende.
Die dem Votivbild beigefügte Inschrift erzählt eine entsprechende Geschichte:
"Ano 1680 an Creiz mitwoch als dem 14 may ist mier Martin Wierer von / meiner Ehewirthin Catharina Wiererin geborne oberpodnerin ain khnäbl Todter auf die / welt geborn. so haben wier vns alhero zu vnser Lieben Frauen haimbsuechung mit ainen opfer vnd H: mös verlobt. so hat / das khindt gezaichnet vnd das 1 mal die farb verändert. Zum 2 hat es geshwiz und ist von der höbamb 2 (mal) abgetrickhnet worden / vnd alldan von der höbamb getauft worden."
Die Betroffenen, Martin Wierer und seine Ehefrau Katharina Wierer, geborene Oberpodner, suchten Hilfe durch eine Wallfahrt zu "Unserer Lieben Frau
Mariae Heimsuchung", damit der totgeborene Knabe nach Anzeichen des Lebendigseins (wie Veränderung der Gesichtsfarbe und Schwitzen) durch die Hebamme die Nottaufe empfangen konnte. Der dargestellte barocke Hochaltar - auf dessen
Mensa das Kind liegt - zeigt als Altarbild die Heimsuchung Mariae und als Oberbild Gottvater (Dreifaltigkeit). Die Altarstatuen geben den hl. Florian und den hl. Andreas wieder, als obere Bekrönung ist der Erzengel Michael mit der Seelenwaage angebracht. Zu beiden Seiten des Kapellenraumes sind der hl. Franziskus und der hl. Antonius aufgestellt.
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