Der Wallfahrtsort Klobenstein zählt zu den bedeutendsten Pilgerstätten in der Umgebung von St. Johann in Tirol. Das kleine sakrale Zentrum liegt im Norden von Kössen und ist nach einer halben Stunde Fußweg durch das Durchbruchstal der Großache in Richtung Bayern erreichbar. Viele Besucher kommen aufgrund der wildromantischen Lage der Kapellen hierher, die unmittelbar im Bereich eines gespaltenen ("geklobenen") Felsens und einer Quelle gebaut wurden.
Wallfahrten sind ein allgemeines religionsgeschichtliches Phänomen, das in Verbindung mit dem Glauben an die örtliche Präsenz (Gebundenheit) Gottes entstanden ist. Für die Menschen, die die weite Reise zu den großen bekannten Pilgerstätten wie Jerusalem nicht in Angriff nehmen konnten, wurden seit dem Mittelalter kleine Wallfahrtszentren errichtet. Die Verehrung von Gnadenbildern oder Reliquien spielt in Verbindung mit Wallfahrtszentren eine große Rolle, wobei Marienbildern und den Legenden, wie sie an ihren Aufstellungsort gelangten, eine besondere Bedeutung zukommt. Der Wallfahrtsort Klobenstein umfasst neben den zwei zentralen Kapellen - einer Loretokapelle und einer Marienkapelle - noch eine Lourdeskapelle und eine Einsiedelei.
Der durch einen Felssturz entstandene gespaltene Stein und der Versuch einer Erklärung für seine auffällige Form dürften den Anlass zur Legendenbildung und zur Entstehung eines Gnadenortes an dieser Stelle gegeben haben. Gespaltene Stein- und Felsformationen sind in der Volksmedizin und Volksreligiosität vielfach als Orte besonderer Kraft interpretiert worden. Das Durchkriechen durch einen derartigen Spalt ist als rituelle Handlung bekannt, hinter der nach weit verbreiteter Volksanschauung als realer Zweck das Abstreifen einer Krankheit steht. Dieses "Durchkriechen" dürfte auch in Klobenstein gebräuchlich gewesen sein, da eine Seitentüre der Marienkapelle direkt zum Spalt hinführt.
Über die Entwicklung hin zum barocken Wallfahrtsort geben zwei Votivbilder Auskunft, die in etwas unterschiedlicher Weise über die wundertätige Hilfe des Mariengnadenbildes in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts berichten. Aus dem Jahr 1696 ist schriftlich belegt, dass sich der Gnadenort bereits eines großen Zulaufs erfreue und die Gemeinde eine Kirche in Klobenstein wünsche. Da der Zustrom der Gläubigen immer mehr zunahm, wurde schließlich im Jahr 1701 der Bau einer Kapelle genehmigt.
Weil sich vor allem Wallfahrtsorte im ländlichen Raum gerne an bekannte Vorbilder wie Mariazell in der Steiermark,
Loreto in Italien oder
Lourdes in Frankreich orientierten, wurden auch die zugehörigen Kapellen und Gnadenbilder nach deren "Muster" gestaltet:
Die Loretokapelle entstand zwischen 1701 und 1707. Sie besteht aus einem schlichten rechteckigen Bau mit steilem
Satteldach und einem
Chorturm, der ebenso wie die Dachflächen zur Gänze mit Schindeln eingedeckt ist. Der weitgehend fensterlose Innenraum ist ganz dem Typus der Loretokapellen verpflichtet und wurde gemäß dem bekannten italienischen Leitbild mit dem Gnadenbild der so genannten "schwarzen Madonna" ausgestattet.
Seitlich der Loretokapelle befindet sich ein gemauerter und gedeckter Gang. Er führt vorbei an einigen Votivbildern in die nordseitig angebaute Marienkapelle. Dieser zweite Gnadenort entstand in den Jahren 1731/1732. Der
Stuckmarmoraltar beherbergt das von einem Strahlenkranz eingefasste Gnadenbild. Ursprünglich handelte es sich bei dieser Plastik um eine gotische
Anna selbdritt-Figur, die im Barock zu einer Maria mit Jesuskind umgearbeitet und anschließend mit Prunkgewändern bekleidet wurde. Als Zeichen der Verehrung wurden Mutter und Kind mit vergoldeten Kronen, Maria zusätzlich mit einem herrschaftlichen Szepter ausgestattet.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand die kleine Lourdeskapelle unterhalb des gespaltenen Steines. An dieser Stelle fließt eine als heilkräftig erachtete Quelle, die insbesondere bei Augenleiden wirksam sein soll. 1886 wurde anstelle eines Brunnenhäuschens und einer Holzkapelle ein Bildstock mit dem Nachbau einer Lourdesgrotte aufgemauert.
Zum Bauensemble des Wallfahrtsortes gehört auch eine ehemalige, um 1740 erbaute Einsiedelei, die heute den Wallfahrern als Gaststätte dient.
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