Im Alpenraum ist der hl. Christophorus - das Jesuskind auf seiner Schulter tragend und sich auf einen Wanderstab stützend - eine besonders bekannte Heiligenfigur. Zur Popularität des meistens als Riese wiedergegebenen "Christusträgers" trug bei, dass er an vielen Orten die Außenwand der Kirche ziert. Hier kommt der großflächigen, weithin sichtbaren Christophorus-Darstellung die Aufgabe zu, Reisende, Pilger und Fuhrleute auf ihrem Weg zu beschützen und vor einem jähen Tod zu bewahren. Nicht zuletzt ist das auch der Grund, weshalb sich der hl. Christophorus seit ca. 1900 zum Patron der Autofahrer "entwickelt" hat.
Im Verhältnis zur Häufigkeit von Christophorus-Abbildungen im Außenbereich von Kirchen ist ihre Wiedergabe in sakralen Innenräumen weitaus seltener. In einer Kirche im Tiroler Unterland wird die Rarität einer Christophorus-Statue aufbewahrt, die im Jahr 1718 vom Salzburger Bildhauer Meinrad Guggenbichler (1649-1723) geschaffen wurde und als besonders schönes Beispiel einer Plastik aus der Ära des österreichischen Hochbarock gilt.
Da die Zentren der Barockkunst in Salzburg, Bayern und Schwaben lagen, manifestierte sich der barocke Stil vor allem im Inntal, weil dieser Raum mit den von außen kommenden künstlerischen Ideen und Kräften am ehesten in Austausch stand. Beispielsweise in Schwaz, wo einige Künstler wirkten, die aus der näheren Umgebung stammten. Unter ihnen sind Christoph Anton Mayr (1720-1771) und Johann Georg Höttinger (1690-nach 1745) auf dem Gebiet der Malerei sowie der Zillertaler Franz Xaver Nißl (1731-1804) auf dem der Plastik besonders hervorzuheben. Durch die Nähe zu den Nachbarregionen gelangten hier aber auch auswärtige Künstler wie der Bildhauer Meinrad Guggenbichler zu Aufträgen - ein Künstler aus der Schweiz, der sich später in Mondsee (Oberösterreich) niederließ. Guggenbichler war ein anerkannter Schnitzer und hatte bereits Altäre in Oberösterreich mit Figuren ausgestattet, als bei ihm 1718 mehrere Figuren bestellt wurden. Unter diesen befand sich auch ein hl. Christophorus, den er nach der "klassischen" Legende schnitzte.
Meinrad Guggenbichlers Figuren werden insbesondere wegen ihres geschmeidigen Bewegungsablaufes und ihrer Anmut geschätzt. Im Unterschied zu anderen Plastiken, die sich stilistisch am italienischen Barock orientieren, wirkt Guggenbichlers Christusträger ungekünstelt und naturalistisch. Zusätzlich verlieh der Künstler in Bezug auf Gesichtsausdruck und Körperhaltung seinem Christophorus eine tiefe religiöse Aussage. Diese ist letztlich dafür ausschlaggebend, dass die festlich gestaltete, fast zur Gänze vergoldete Figur dem barocken Schauverlangen eines Publikums in einer ländlichen Region wie Tirol grundlegend entsprach.
Der hl. Christophorus wird meist als Riese mit Stab dargestellt, der das Jesuskind auf den Schultern über einen Fluss trägt. Zu seiner Biographie existieren keine Angaben, es haben nur zwei Christophorus-Legenden die Jahrhunderte überdauert. Nach östlicher Überlieferung hieß er Reprobus und war ein Riese mit Hundskopf in Kanaa, der viele Menschen bekehrte und als Märtyrer starb. Dass Reprobus hundsköpfig war, geht möglicherweise auf einen Übersetzungsfehler zurück.
Nach westlichen Quellen war sein Name Offerus und er war von hünenhafter Gestalt. Sein Ziel war es, nur dem mächtigsten aller Herrscher zu dienen. Da der König aber dem Kaiser untertan ist, dieser wiederum den Teufel fürchtet und der vor einem Kreuz flüchtet und die Überlegenheit Christi anerkennen muss, diente Christophorus schließlich auf den Rat eines Eremiten hin mit seiner Kraft Gott, indem er Reisende über einen Fluss trug. Eines Tages kam ein Kind und er nahm es auf die Schulter, um es über den Fluss zu tragen. Das Kind war sehr leicht, aber je tiefer Offerus ins Wasser stieg, desto schwerer schien es zu werden. In der Mitte des Stromes haderte Offerus und sagte: "Kind, du bist so schwer, als hätte ich die Last der ganzen Welt zu tragen!" Das Kind antwortete: "Wie du sagst, so ist es, denn ich bin Jesus, der Heiland. Und wie du weißt, trägt der Heiland die Last der ganzen Welt." Auf der anderen Seite des Flusses angelangt, setzte Offerus das Kind ab, worauf es zu ihm sagte: "Du hast den Christus getragen, von jetzt an darfst du Christofferus (Christophorus) heißen."
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