Porträtköpfe und Stuckdekorationen an Lechtaler Häusern (um 1900)

In weiten Teilen Tirols war die periodische Auswanderung von Arbeitskräften vom 17. bis zum 20. Jahrhundert eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Aufgrund des rauen Klimas und des wenig ertragreichen Bodens waren die männlichen Bewohner und die älteren Kinder mancher Tiroler Täler alljährlich im Sommer gezwungen, im Ausland Arbeit anzunehmen und erst im Winter wieder in die Heimat zurückzukehren. In der Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts werden die Tiroler Saisonarbeiter (Bauhandwerker und Wanderhändler aus dem Oberinntal und dem Außerfern, die Imster Vogelhändler, die Zillertaler Handschuhhändler, die Deferegger Teppichhändler usw.) immer wieder erwähnt. Ihre Reisen führten sie durch ganz Europa, nach Russland und manchmal sogar bis nach Amerika.

Die Zeitwanderung der Handwerker im Tiroler Lechtal hatte auch Auswirkungen auf die Baukultur ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das im Sommer verdiente Geld wurde im Winter ausgegeben, um die Häuser zu vergrößern, umzubauen und außen zu verputzen. Die dadurch entstandenen Mauerflächen boten Platz für Fassadenmalereien und Stuckdekorationen. Besonders reich geschmückte Häuser im Stil des Barock, Rokoko und Klassizismus finden sich in Elbigenalp, Holzgau und Steeg (Hägerau). An ihnen wird deutlich, zu welchem Wohlstand manche Händler und Bauhandwerker im Ausland gekommen waren.


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